Vorbereitungsseminar in Wiesbaden

Jetzt sind es nicht mal mehr drei Wochen bis ich losfliege! Ich werde oft gefragt, ob ich denn schon aufgeregt bin. Natürlich freue ich mich schon sehr und lese fast jeden Tag Blogs von ehemaligen Freiwilligen oder Sonstiges über Kolumbien und meine Freude steigt immer mehr. Allerdings bin ich irgendwie noch gar nicht aufgeregt. Es ist immer noch so viel Zeit, bis ich abfliege und deshalb ist das Jahr in Kolumbien für mich noch so surreal und unwirklich! Ich glaube richtig realisieren werde ich das erst, wenn ich wirklich in meiner Gastfamilie angekommen bin.

In meinen anderen Blogeinträgen hatte ich das Vorbereitungsseminar in Wiesbaden erwähnt. Heute wollte ich euch ein bisschen darüber erzählen, denn in der kurzen Zeit dort, habe ich schon viel gelernt und eine genaue Vorstellung von meinem zukünftigen Jahr in Kolumbien bekommen.

Das Seminar ging zwölf Tage lang (für mich nur zehn, weil ich ja noch bei meinem Abiball war) und wir waren 101 Freiwillige, die mit dem Programm „weltwärts“ einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst absolvieren. Von Indien über Ruanda bis Nicaragua sind alle möglichen Länder dabei, in die Freiwillige entsendet werden.

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101 Weltwärtsfreiwillige

Wir waren in einer Jugendherberge untergebracht. Wer früher mal eine Sommerwoche in einem Ferienlager verbracht hat, weiß, wie strikt der Zeitplan dort war. Das war bei dem Vorbereitungsseminar nicht anders. Es hat mich wirklich ein bisschen an Ferienlager oder Klassenfahrt erinnert. Ich war in einem Sechsbettzimmer mit drei Leuten, die nach Indien gehen, einer, die in Nicaragua sein wird und Pauline, einer Mitfreiwilligen, mit der ich mich total gut verstanden habe.

Der grobe Zeitplan sah wie folgt aus: 7:30 aufstehen um sich fertig zu machen und dann bis 8:30 frühstücken, denn um 9 Uhr fing schon der erste Workshop an. Dieser dauerte dann drei Stunden und ab um 12:00 gab es Mittagessen (, welches erstaulich gut war). Bis 15 Uhr hatten wir Pause und der nächste Workshop begann, der wieder drei Stunden ging. Dann gab es Abendessen und meistens noch ein Abendprogramm.

Meistens blieb man intern in seinen Ländergruppen. Bei uns waren Peru und Kolumbien zusammengelegt, weil nur vier Leute nach Peru gehen. Schon in den ersten Tagen hat man gemerkt, dass wir eine tolle Gruppe sind, denn alle haben sich super verstanden und wir haben gerne was miteinander unternommen. Mit unseren beiden Teamerinnen, Marieke und Rebecca, hatten wir auch viel Spaß und sie konnten uns auch auf viele Fragen antworten.

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Willkommensschild zu unserem Raum

Die Workshops für die man sich eintragen konnte, waren teilweise echt interessant, teilweise nicht so 😀 Sehr nutzvoll war beispielsweise „Einstieg in die Schulassistenz“, in der wir Lehrmethoden kennengelernt und auch erfahren haben, wie wir uns in besonderen Situationen verhalten sollen, zum Beispiel, wenn einige Kinder sich nach wiederholtem Ermahnen nicht benehmen oder wenn wir sehen sollten, dass ein Kind jeden Tag mit blauen Flecken zur Schule kommt. Nach solch einem Workshop hatte ich in meinem Kopf lauter kreative Gedanken, wie ich den Unterricht gestalten kann, aber in den meisten Momenten kann ich mich selber überhaupt nicht als Lehrerin bzw. als Schulassistentin vorstellen.

Besonders wichtig fand ich es, dass wir die Rolle eines_r Freiwilligen hinterfragt haben. Inwiefern hilft mein Einsatz den Kindern dort? Ist ein Freiwilligendienst wirklich sinnvoll?
Ich muss zugeben, ich dachte, ich könne mithilfe eines Freiwilligendienstes die Welt ein bisschen verbessern. Im Vorbereitungsseminar habe ich schnell gelernt, dass das gar nicht so einfach ist, denn was soll ich als junge Europäerin in Kolumbien schon für folgenschwere Veränderungen vornehmen? Das Seminar hat mir auf jeden Fall geholfen,mir darüber klarzuwerden, was ein Freiwilligendienst eigentlich bedeutet.

Die zwei interessantesten Tage waren, als wir Länderkunde hatten. Johannes, ein ehemaliger Freiwilliger, der vor zwei Jahren in Kolumbien war, hat uns viel über Land, Leute und Kultur erzählt. Wir konnten endlich unsere 1000 Fragen loswerden, die uns beschäftigten, zum Beispiel: Wie sieht der Alltag als Freiwillige_r aus? Was müssen wir unbedingt für die Reise packen? Was isst man in Kolumbien? Eine kleine Kostprobe haben wir bekommen, als wir einen Abend bei einem Kolumbianer essen waren, was unglaublich lecker war!!

Zum Glück hat uns Johannes auch vor einigen Fettnäpfchen gewarnt, in die wir versehentlich treten könnten. Beispielsweise sollten wir mit unseren Gastfamilien nach Möglichkeit nicht über die Geschichte von Kolumbien reden, weil das für viele Kolumbianer ein schwieriges und sensibles Thema ist. Auch das Thema der Sexualität wird dort anders behandelt als hier in Deutschland, da Deutschland bei Homo- oder Transsexualität tendenziell sehr offen ist.

Neben dem Kennenlernen des Gastlandes, war ein zentraler Punkt auch die Teambildung. Wir sind 16 Freiwillige, die zusammen nach Kolumbien gehen und wenn wir Probleme haben, sollen wir uns auch gegenseitig helfen. In den Workshops gab es viele (teilweise nervige) Energizer (kleine Spiele, die uns wieder munter machen, wenn wir müde sind), in denen wir uns besser kennengelernt haben oder das Vertrauen geweckt werden musste. Einmal sollten wir uns von einer Tischtennisplatte in die Arme der anderen fallen lassen und das hat mich persönlich einige Überwindung gekostet. Zumal ich anfangs in einer Gruppe mit vielen unbekannten Gesichtern sehr schüchtern bin (auch wenn mir das keiner, der mich schon lange kennt, glauben wird 😀 ). In den zehn Tagen bin ich dann aber auch aus mir rausgekommen und nun wissen meine Mitfreiwilligen, dass ich auch ganz anders als schüchtern sein kann 😀

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Kolumbiengruppe mit Teamerinnen und Johannes

Das Vorbereitungsseminar war also auf jeden Fall eine sinnvolle Erfahrung! Wir haben uns untereinander kennengelernt, viel über Kolumbien und unsere Organisation bzw. über das Deutsche Rote Kreuz erfahren und uns selber bewusst gemacht, was ein Freiwilligendienst eigentlich ist.

Meine Weisheit des Tages: Ins kalte Wasser geschmissen werden, kann in manchen Situationen ganz sinnvoll sein, doch wenn man für ein Jahr in ein fremdes Land geht, sollte man schon ein bisschen vorbereitet sein 😀 Das bin ich jetzt definitiv durch das Vorbereitungsseminar!

1 Kommentar

  1. Oh Gott, die Nummer mit der Tischtennisplatte wäre mir aber auch sehr schwer gefallen!
    Zum Sinn des Freiwilligendienstes:
    Natürlich kannst Du nicht die Geschicke des Landes vollständig zum Positiven wenden, aber Du bringst ein Stück Deutschland nach Kolumbien und nimmst ein Stück von dort wieder mit nach Hause. Die Menschen dort werden durch die Kultur, das Wissen und die Herzlichkeit, die Du mitbringst, bereichert und Du durch eine Menge an Erfahrungen, die Dir sonst entgehen würden.
    Mache weiter so! Ich freue mich über jede neue Nachricht von Dir. Liebe Grüße von Renate

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