– 69 Tage nach der Ankunft –
Hallo, meine Lieben.
Jetzt ist Weihnachten schon für mich vorbei. In Kolumbien wird Weihnachten nur am 24. Dezember abends gefeiert. Am 25. schläft man hauptsächlich und gammelt im Bett, so wie ich heute 😀
Gestern war tagsüber auch gar nichts los. Meine Gastschwester war wie immer arbeiten, meine Gastmutter stand den ganzen Tag in der Küche und hat gekocht und mein Gastvater und -bruder haben gechillt.
Ich habe lange mit meiner Familie in Deutschland geskypt, weil meine ganze Familie zusammen war und so habe ich mich ein bisschen gefühlt, als wäre ich dabei gewesen. Außerdem habe ich die restlichen Geschenke eingepackt.
Um 19:00 wollten wir eigentlich losfahren zu meiner Gasttante. Tatsächlich sind wir dann erst 21:20 los. Ich bin im Auto meiner älteren Gastschwester und ihrem Mann mitgefahren, die ich einen Abend vorher kennengelernt habe. Nach kolumbianischer Art saßen wir auf der Rückbank zu Fünft und nicht wie vorgesehen zu Dritt. Das ganze Auto war voll mit Geschenken. Diese wurden, als wir bei meiner Gasttante und ihrer Familie angekommen sind, unter den Baum gelegt. Dort lagen uuuunheimlich viele Geschenke.

Wir waren insgesamt 20 Leute (meine Gasteltern-/geschwister, Gastonkel + Frau + 2 Söhne, Gasttante + Mann + 2 Töchter + Hausfrau , ältere Gastschwester + Mann + 2 Söhne, Gastoma) und im kleinen Wohnzimmer wurde es ganz schön eng. Wir hatten auch nicht alle Platz am Essenstisch und deshalb habe ich mit meinen Gastcousinen, die ungefähr im gleichen Alter sind und meiner Gastschwester zusammen gegessen.
Im Gegensatz zu Deutschland, gibt es kein traditionelles Essen zu Weihnachten. Natürlich ist das in Deutschland von Familie zu Familie auch unterschiedlich. Bei mir gibt es zum Beispiel immer Eisbein (nicht für mich 😀 ). Aber es gibt schon typische Weihnachtsgerichte.
Hier gab es Reis mit Rosinen, einen Obstsalat mit Marshmallows, für mich ein Ei uuuuund Kartoffelsalat, der sehr lecker war.
Nach dem Essen saßen wir noch zusammen und haben bis 0:00 gewartet. Was dann passiert ist, hat mich eher an Silvester erinnernt. Alle haben sich im engen Wohnzimmer getroffen, jeder umarmt jeden und man wünscht sich feliz navidad und Alles Gute. Dann haben wir uns auf die Couch gesetzt, wer keinen Platz hatte, stand im Flur.
Für allgemeine Erheiterung war erstmal gesorgt, als meine Gastschwester in den Weihnachtsbaum gefallen ist und die Lichterkette daraufhin ausgegangen ist 😀 Es war wirklich seeeehr eng im Wohnzimmer 😀
Meine Gastschwester und -cousine haben dann die Geschenke verteilt. Die Bescherung hat insgesamt fast eine Stunde gedauert. Auf jedem Geschenk ist ein Zettel, wo drauf steht, von wem für wen das Geschenk ist. Meine Familie hat sich auch einige Späße erlaubt und beispielsweise para la gordita (für die Dicke) oder para la fea (für die Hässliche) geschrieben und so wurde auch viel gelacht.
Bei so gut wie jedem Geschenk wurde gegröllt und gejubelt und wenn jemand Kleidung bekommen hat, haben alle im Chor gerufen: Anziehen! Es war auf jeden Fall ordentlich Stimmung.
Man bekommt auch nicht viele Geschenke. Von jeder Person/Familie bekommt man ein Geschenk. Wenn man dieses bekommt, steht man auf und quetscht sich zum Schenker durch, um sich zu bedanken. Am Ende war das ganz schön schwierig, denn überall waren Geschenke, Geschenkpapier und Menschen 😀 Und man musste mindestens fünfmal aufstehen.
Ich hätte mich gar nicht getraut zu erzählen, was man alles in Deutschland bekommt. Denn im Vergleich ist das seeehr viel und da habe ich mich gefragt, ob das wirklich nötig ist.
Ich habe mich sehr gefreut, wie herzlich mich alle aufgenommen haben und mich als Familienmitglied gesehen haben. Und ich habe auch tolle Geschenke bekommen. Was glaube ich der Running-Gag wird, sind Kühe 😀 Vor einiger Zeit habe ich von meiner Nachbarin eine Kuscheltierkuh geschenkt bekommen, weil ich meinte, dass ich Kühe gerne mag. Von meinen Nachbarn habe ich zu Weihnachten (was mit das coolste Geschenk war!!) einen Kuh-Pyjama bekommen! Und zwar einen richtig Kolumbianischen. Hier haben zum Schlafen viele Menschen richtig kuschelige, warme Pyjamas und ich wollte auch einen haben und jetzt habe ich sogar einen Kuuuuh-Pyjama 🙂
Jedenfalls habe ich meiner Gastschwester auch eine Kuscheltierkuh geschenkt, weil sie immer so „neidisch“ auf meine war 😀 und von meiner Gasttante und ihrer Familie habe ich nochmal eine Kuh geschenkt bekommen von einer sehr guten kolumbianischen Marke 😀 Bestimmt denkt die Familie, dass ich ein bisschen verrückt bin, weil ich Kühe so gerne habe, aber ich hab nur einmal gesagt, dass ich Kühe mag 😀

Nach der Bescherung gab es noch postre de guanabana y maracuja und wir haben zusammen gesessen und geredet.
Um 2:00 nachts sind wir dann nachhause gefahren und ich war ganz schön müde.
Es war auf jeden Fall ein witziger Abend und ich habe eine sehr nette Gastfamilie mit der es sehr lustig sein kann.
Im Fazit gefällt mir Weihnachten in Deutschland besser, denn hier ist zwar Stimmung und alle freuen sich auf Weihnachten, aber mit Besinnlichkeit hat das nicht viel zu tun. Ich finde es auch ein bisschen schade, dass das tatsächliche Weihnachten nur einige Stunden ist und sehr spät anfängt. Ansonsten ist der 24. Dezember ein ganz normaler Tag. Ich habe zum Beispiel seit Jahren die immer gleichen Traditionen mit meiner Familie am 24. Baum schmücken und ein Märchen nebenbei gucken, fettes Eisbeinmittagessen, Mittagspause, Spaziergang, Bescherung und dann sitzen wir bis wir ins Bett gehen zusammen und die Geschenke werden ausprobiert (z.B. einen geschenkten Film gucken). So ungefähr ist unser Ablauf.
Ich bin aber sehr froh, dass ich die Möglichkeit hatte ein Weihnachten auf eine völlig neue Art kennenzulernen und somit mehr von der kolumbianischen Kultur erfahren konnte.
Weisheit des Tages: Meine Gastfamilie hat mir gesagt, und das denke ich auch, das Wichtigste an Weihnachten ist mit der Familie zusammen zu sein.