Orangen pflücken und Kulturschock in Kolumbien

– 45 Tage nach der Ankunft –

Hallo, meine Lieben!

Jetzt wo die Weihnachtszeit anfängt, fängt bei mir die Reisezeit an und ich schaffe es kaum noch Dinge zu erledigen.

Letzte Woche hatten wir von Montag bis Donnerstag das Zwischenseminar in Moniquira. Ich bin ein bisschen mehr als ein Monat hier und habe schon mein Zwischenseminar 😀
Jedenfalls wird dazu auch noch ein Blogeintrag kommen, wenn ich wieder in Tunja bin.

Von Samstag zu Montag war ich mit meinen Nachbarn in Albania. Das ist das Geburtsdorf meines Nachbars. Ein winzig kleines Dorf, wo kaum etwas los ist (ca. 200 Einwohner) und sich im departamento Santander befindet.

Wie immer sind wir am Samstag sehr früh losgefahren, aber weil ich verschlafen habe (:D) sind wir eine Stunde später um 7:00 gefahren. Mittlerweile scheine ich mir die Pünktlichkeit der Kolumbianer anzueignen 😉

Albania ist vier Stunden von Tunja entfernt, aber wir haben einen kurzen Halt in Chiquinquira gemacht. Dort lebt auch ein Teil der Familie von meinem Nachbarn und wir haben ein kleines Frühstück gegessen.

Je weiter wir gefahren sind, desto kälter und nebeliger war es. Man konnte die weiten Felder vor lauter Nebel gar nicht mehr sehen und die Stimmung war ein bisschen unheimlich.
Auch die Wege waren schwer passierbar und wir sind im Matsch stecken geblieben und alle mussten mithelfen, damit wir das Auto wieder befreien 😀

In Albania habe ich die Eltern meines Nachbarn kennengelernt und eine weitere Schwester, die alle total nett waren.
An dem Tag haben wir nicht mehr viel gemacht, außer essen, reden und ich war mit meiner Nachbarin am Dorfplatz, weil es dort kostenloses Internet gab.

Am nächsten Tag wollten wir zu der finca der Familie gehen. Ich habe mich schon gefreut und dachte, dass wir da ein bisschen entspannen.

Naja… Es hat sich herausgestellt, dass die finca vier Holzplatten aneinandergeklebt waren und die eigentliche Attraktion das riesige Grundstück mit vielen Orangenbäumen war.

Auf dem Weg dorthin konnte ich kaum noch, denn mir wurde erklärt, dass es dort zur Zeit Winter ist, das bedeutet einfach, dass die Luftfeuchtigkeit extrem hoch ist und das beim Wandern sehr unangenehm wird.
In Kolumbien gibt es nur zwei Jahreszeiten und zwar Winter und Sommer. Der Unterschied ist, wie ich finde, nicht sehr gravierend.

Anstatt zu entspannen, haben wir also Orangen gepflückt und so etwas habe ich vorher noch nie gemacht 😀

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Orangenbaum

Meine Nachbarn und die Schwester, die auch da waren, haben sich lange Bambusäste genommen und auf den Baum „eingeschlagen“, bis Orangen runtergefallen sind.
In dem Baum könnt ihr übrigens meine Nachbarin sehen, die versucht möglichst viele Orangen runterzubekommen.

Ich habe dann doch nur beim Einsammeln geholfen und wir hatten zwei Säcke voll Orangen. Natürlich durften wir auch einige Orangen essen und nach der Wanderung war das so erfrischend und tat sehr gut 🙂 Frische Orangen schmecken wirklich sehr gut!

Auf dem Grundstück gab es auch noch yuca welches wir geerntet haben. Das schmeckt nicht nur wie Kartoffel, sondern wird auch genauso geerntet. Es gab auch Bananenpflanzen, aber zur Zeit wachsen an denen nur wenige Bananen.

Außerdem haben sie mir auch Kaffee gezeigt. Die Kaffebohnen sind rot bevor sie verarbeitet werden.

Es war also mal wieder eine spannende Erfahrung, die ich in Deutschland nicht gehabt hätte.

Wir sind dann voll bepackt mit Bananen, yuca und Orangen zurück ins Dorf.
Was mich ein wenig verstört hat, die Schwester hat sich noch schnell einen Hahn geschnappt, den sie kopfüber unter dem Arm geschleppt hat und der hat sich den Geräuschen nach zu urteilen nicht besonders wohl gefühlt 😦 Das fand ich nicht besonders toll, aber ich habe versucht das auszublenden und nicht hinzugucken.
Abends, als wir sie besuchen waren, war er schon entfedert und bratfertig.
Das ist ja auch mehr oder weniger normal und der Kreislauf des Lebens, aber ich möchte sowas lieber nicht mitbekommen.

Am nächsten Tag sind wir dann zu einem Freund gefahren, der eine Avocadofarm hat. Das war wirklich ein Paradies für mich, denn ich liiieeebe aguacates (Avocado) total!
Wir durften ganz viele mitnehmen und hatten dann gefühlte 50 Avocados m Kofferraum. Wenn man sich überlegt, dass eine kleine Avocado in Deutschland fast 3€ kostet und es die hier gibt, wie Äpfel…

Davon habe ich dann auch erstmal eine gegessen und frische Avocado schmeckt auch nochmal viel besser.
Die Aussicht war auch sehr schön, denn rund um uns waren Berge und so weit man gucken konnte, Avocadobäume.

In Kolumbien gibt es mehrere Avocadosorten und die grüne, welche ihr seht, wurde dort am meisten angebaut und ist auch größer, als die, die es in deutschen Supermärkten gibt. Sehr lecker!

Dann sind wir wieder nach Chiquinquira und ich habe ein bisschen die Stadt gesehen, aber werde auf jeden Fall noch einmal wieder kommen, weil wir zu wenig Zeit hatten. Deshalb habe ich auch kaum Bilder gemacht.

Und nun kommen wir zum interessanten Teil, den ich im Titel angekündigt habe: Kulturschock.

Kolumbien hört sich nach einem Land an, in dem man viele Unterschiede bemerken wird, die einen schocken. Ich habe mir auch Armut, Gewalt, Drogen und teilweise arme und traurige Menschen vorgestellt.
Ich kann euch sagen, den einzigen Kulturschock, den ich hier nach mehr als sechs Wochen feststellen kann, ist die Umgangsform der Menschen.

Die meisten Kolumbianer, die ich kennenlernen durfte, nehmen mich wie einen Teil der Familie auf und reden mit mir, als würden sie mich ewig kennen. Viele sind sehr interessiert an meiner Kultur und Deutschland.

Besonders aufgefallen ist es mir wieder dieses Wochenende. Die Mutter von meinem Nachbarn wollte mich gar nicht gehen lassen und hat mir mindestens fünf mal gesagt, dass ich noch einmal für längere Zeit kommen soll. Sie hat mich zum Abschied mehrmals umarmt und auch der Vater hat mich in seine Arme geschlossen.

In Chiquinquira waren wir mit einer Cousine von meinem Nachbarn unterwegs und sie ist eine der fröhlichsten Menschen, die ich kenne. Sie hat sich so gefreut, als sie mit mir alleine durch die Stadt laufen „durfte“ und hat mir gesagt, dass sie sich vorstellt, dass alle aus der Familie etwas mit mir machen möchte.

Was ich hier in Kolumbien erlebe, dafür gibt es kein Wort. Gastfreundschaft, Offenheit und Freundlichkeit ist untertrieben.

Ich werde richtig traurig, wenn ich daran denke, wie das ist, wenn ich wieder in Deutschland bin. In Deutschland kennt man kaum seine eigenen Nachbarn und das ist hier bei den meisten Menschen komplett anders.

Einen anderen Kulturschock habe ich bisher nicht erlebt, aber es fällt extrem auf, wie offen und liebenswürdig Kolumbianer sind.
Ich befürchte immer, dass ich verschlossen und ernst, beziehungsweise nicht so fröhlich rüberkomme, denn ich bin es von der Umgangsform in Deutschland anders gewöhnt.
Ich will damit auch nicht sagen, dass alle Deutsche unfreundlich und ernst sind, denn das stimmt ja nicht. Mir fällt hier einfach auf, dass die Kolumbianer anders miteinander umgehen.
Und das ist auch das, was ich am Meisten an Kolumbien liebe ❤

Morgen geht es endlich nach Cali für eine Woche mit Pauline, Patricia und Ronja. Deshalb werde ich nichts schreiben können und muss jetzt noch Sachen packen.

Weisheit des Tages: Es wird schwer einen krassen Kulturschock in Kolumbien zu erleben. Aber eins steht fest, viele Kolumbianer sind sehr liebenswürdige, offene, glückliche Menschen.

1 Kommentar

  1. Hallo Jule, wenn Du jetzt zurückkommen müsstest, würdest Du einen Klimaschock bekommen. Schon allein wegen des Wetters beneide ich Dich! Und frische Orangen!
    Ich öffne jetzt jeden Tag meine zwei Adventskalender – einen ziemlich originellen von Ikea und einen Räucherkerzenkalender aus dem Erzgebirge. Diese Jahreszeit kann ja auch schön sein…
    Werde jetzt Deinen Beitrag mal wieder der Schreibwerkstattgruppe empfehlen auf WhatsApp und auf Facebook. Du kannst ja mal was in der Gruppe von Dir hören lassen, die anderen freuen sich. Benjamin weiß übrigens nicht mehr, wie Du aussiehst, schicke doch mal dort ein Foto.
    Liebe Grüße von Renate

    Like

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