Paraglyding in Chicamocha und Bucaramanga

– 128 Tage nach der Ankunft –

Wieder ist viel passiert! Demnächst gebe ich euch ein kleines Update, was hier gerade in Bogotá so passiert, wie mein „Alltag“ im Streik aussieht und wie sich die ganze Situation entwickelt.
Heute berichte ich euch von der letzten Reise, die ich unternommen habe, durch die ich mich noch einmal ein bisschen mehr in Kolumbien verliebt habe. Ich konnte mir einen kleinen Traum erfüllen! Paraglyden!

Letzten Mittwoch bin ich nach Tunja und habe einige Tage mit meiner Familie und Freunden verbracht. Ich war schon lange nicht mehr in Tunja und habe die Tage sehr genossen. Am Freitag war ich bei der reunión der Freiwilligen der fundación und habe über den nationalen Studierendenstreik und meine Erfahrungen gesprochen (dazu bald mehr!). Am gleichen Tag kam Lucas, ein deutscher Freund, der für zwei Semester an der Nacho studiert und das „Landleben“ in Tunja und meine Gastfamilie kennenlernen wollte. Nach typischem Essen und vielen Gesprächen über Kolumbien mit meiner Gastfamilie, sind wir am Samtag mit dem Bus vier Stunden nach San Gil gefahren.

San Gil ist eine kleine Stadt mit rund 45.000 Einwohner*innen und liegt im Departamento Santander. Bekannt für den Extremsport, den man dort betreiben kann, besuchte ich es 2016 und habe mit Freunden eine Höhlentour in die cueva de la vaca unternommen. Damals wollte ich schon gerne parapente (Paraglyding) ausprobieren, meine Mitfreiwilligen hatten diese Erfahrung aber bereits gemacht. Fast drei Jahre habe ich also darauf gewartet und war total aufgeregt, als wir die Tour für Sonntag gebucht hatten. Den Samstag ließen wir im Park von San Gil ausklingen. Dort lernten wir zwei Venezulaner kennen, die selbstgemachte Armbänder verkauften. Eine Weile haben wir uns über die Situation in Venezuela und ihre Pläne unterhalten. Ich fühlte mich ziemlich schlecht, ihre Geschichte zu hören, während ich eine spontane Reise unternahm, weil meine Partneruni im Streik ist. Trotzdem war es eine schöne Begegnung und die beiden meinten, sie mochten unsere buena energía, die sie ansteckte.
Am Sonntag um 9 Uhr sind wir zwei Stunden in den Nationalpark Chicamocha, auch Panachi genannt, gefahren. In der Tour enthalten waren der Transport in den Park und das Paraglyding (160.000 Pesos entspricht ca. 50€). Schon auf der Fahrt konnten wir erahnen, was uns Tolles erwarten würde. Während wir die Straße entlangfuhren, öffnete sich neben uns die Schlucht des Chicamocha Canyons. 227 Kilometer lang und 2.000 Meter tief, somit noch tiefer als der Grand Canyon in den USA. Ein wahres Naturspektakel!

Paraglyden: Mit einem Guide hinter mir, stürzten wir uns in die Schlucht! Ich konnte es gar nicht richtig glauben, meine Beine in der Luft baumeln zu sehen, unter mir der Fluss Chicamocha, der sich zwischen den Bergen entlangschlängelt. Wohin ich blickte, waren die gewaltigen Berge und Felsen des Canyons zu sehen. Immer höher stiegen wir mit dem Gleitschirm, bis wir durch eine Wolke flogen. Fliegen und frei sein! Frei habe ich mich gefühlt und versuchte so viel Aussicht, wie möglich in mir aufzunehmen. Nach 25 Minuten Flug fragte ich meinen Guide, ob wir cosas locas (verrückte Dinge) machen könnten. Dann ging das Adrenalin los! Er fing an unseren Gleitschirm hin und her zu bewegen, wir waren kopfüber und drehten einige Achten in 2.000 Meter Höhe!

Nach dem Erlebnis musste ich erstmal durchatmen! Ich hatte gerade pures Glück erlebt, so hatte es sich angefühlt.
Lucas und ich sind nach dem Paraglyden von dem Punkt aus in den Parque Chicamocha, ein reiner Vergnügungspark mitten in der Natur, mit einem Wasserpark, Riesenschaukeln, Virtual Reality, 3D-Kino, Rutschen und vielem mehr. Wir wollten nur mit der Seilbahn ins nächste Dorf, mussten jedoch um diese zu benutzen, die 50.000 Pesos (15€) Eintritt pro Person zahlen, nur um mit der Seilbahn zu fahren. Den Preis (ziemlich teuer für Kolumbien) wollten wir voll ausnutzen und fingen an witzige Tourifotos zu machen.

Mit der Seilbahn ging es 6,3 Kilometer, eine halbe Stunde durch das Tal, um in das Dorf Mesa de Los Santos zu gelangen. Da es schon 17 Uhr war und wir noch keine Unterkunft für die Nacht hatten, bemühten wir uns eine zu finden. Der Zufall wollte es so, dass uns ein Fahrer, der ein Pärchen nach Bucaramanga brachte, mitgenommen hat. Das Pärchen hat uns ihr Handy gegeben und wir suchten uns ein Hostel raus, das uns sehr gut gefallen hat, mit modernen Etagenzimmern, Dusche unter freiem Himmel und einem Jacuzzi, den wir jedoch nicht benutzten. Am nächsten Tag sollten wir Bucaramanga erkunden.

Bucaramanga ist die Hauptstadt des Departamentos Santander und mit 1,1 Millionen Einwohner*innen die fünftgrößte Metropole Kolumbiens (nach Bogotá, Cali, Medellín und Barranquilla). Dort mussten wir feststellen, dass es sinnvoll sein kann, sich vorzubereiten, wenn man die Stadt an nur einem Tag kennenlernen möchte. Nachdem wir im centro histórico angekommen sind, ließen wir uns ein bisschen durch die belebten Straßen treiben. An jeder Ecke wurde alles Mögliche verkauft, Fernbedienungen, Babyschuhe, Früchte und Spielzeug. Irgendwie sind wir dann im casa de las culturas gelandet, ein schönes Gebäude, in dem in verschiedenen Sälen Tanz- und Musikkurse angeboten werden, Ausstellungen zu sehen sind und eine Bibliothek. Irgendwie sind wir dort mit einem netten Organisator der Kulturprogramme ins Gespräch gekommen, der uns eine halbe Stunde etwas zur Geschichte Santanders erzählte. Seine Begeisterung dafür, dass wir deutsch sind, erklärte sich mit der Geschichte Santanders. In Santander gab es deutsche Migranten, die die Kultur mitbestimmten. Noch heute gibt es in Santander mehrere Menschen, die helle Haare, Haut und Augen haben und um die 20 deutschen Nachnamen, wie z.B. Schneider. Das erste Bier in Kolumbien, wurde in Santander in einer deutschen Brauerei gebraut. Die Braukultur wurde von Santander aus in die anderen Departamentos verbreitet. Heute kann man sich die Ruinen der ersten Brauerei Kolumbiens in Bucaramanga ansehen.

Uns wurde empfohlen den mercado kennenzulernen. Auf vier Etagen findet man alles, was man braucht in den alten Markthallen! Dort aßen wir für 7.000 (ca. 2€) Mittag und tranken frisch gepressten jugo (Saft) an einem Stand. Ich war ziemlich beeindruckt von dem Ort! In der 1. Etage gab es Gemüse, in der 2. Obst, in der 3. Fisch und Fleisch und in der 4. die Restaurants und alles, was thematisch nicht in die anderen Etagen passt (Kleidung, Küchenutensilien, Massageöl).

Danach wollten wir die Stadt noch von oben sehen, da Bucaramanga sehr viele Hochhäuser hat! Unser Ziel war el cerro el santísimo, ein Aussichtspunkt mit einer Heiligenfigur. Da wir 8 Kilometer entfernt waren, entschieden wir uns ein Taxi dorthin zu nehmen, unser Taxifahrer meinte jedoch, es würde sich nicht lohnen dort hinzufahren, da wir 20.000 pro Person zahlen müssten, um auf den Aussichtspunkt zu kommen. Er, als Einheimischer, hatte einen viel besseren Plan für uns. Für 30.000 Pesos wollte er uns zu einem Aussichtspunkt in der Nähe des Flughafens bringen. Ich hatte schon von Anfang an kein gutes Gefühl dabei und der Taxifahrer erschien mir nicht besonders vertrauenswürdig. Trotzdem ließen wir uns zu seinem Geheimtipp fahren. Wir fuhren und fuhren und fuhren, bis wir komplett aus der Stadt raus waren und das nächste Dorf an uns vorbeizog. An seinem Punkt angekommen, konnte man Bucaramanga in 6 Kilometer Luftlinie erahnen. Wow! Was für ein toller Geheimtipp 😀 Bucaramanga von oben und ganz weit weg. Wir nahmen die Sache mit Humor und notierten uns für die nächste Reise uns vorher mehr zu informieren und keinen Taxifahrern zu trauen.

Montag abend ging es im Bus zurück nach Bogotá. 18 Uhr verließen wir Bucaramanga und kamen 4 Uhr morgens in Bogotá an. Ein Gefühl von nachhause kommen 🙂

In drei Tagen konnte ich viel erleben und tolle Erfahrungen sammeln. Paraglyden kann ich jetzt von meiner bucketlist abhaken und mich noch lange an die tollen Momente zurückerinnern.

Weisheit des Tages: Santander ist einen Besuch in Kolumbien wert. Nicht nur das Angebot an Extremsportarten, sondern auch die wunderschöne Natur, malerische Dörfer (Barichara!) und die Metropole Bucaramanga lohnen sich!

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