– 179 Tage nach der Ankunft –
Nach einer sehr langen Pause melde ich mich mal wieder. Wie immer ist sehr viel passiert, bei mir, im Streik und in Kolumbien.
Heute schreibe ich über ein Thema, was ich für sehr wichtig halte!
Am 17. Januar wurden durch eine Autobombe in der General-Santander-Polizeioffiziersschule im Süden der Hauptstadt, 21 Menschen getötet und 68 Menschen verletzt. Bei der Tat handelte es sich um ein Attentat durch die linke Guerrillagruppe ELN. Auch der Täter, unter dem Kämpfernamen Mocho Kico bekannt, starb. 17 Jahre lang war er Sprengstoffexperte der letzten Guerrillagruppe Kolumbiens, die 1.500 Mitglieder*innen zählt. Präsident Duque hat drei Tage Staatstrauer ausgerufen.
Für Kolumbien ist es ein großer Rückschlag. Nach dem „Frieden“ mit der FARC, der größten Guerrillagruppe Kolumbiens, im Jahr 2016, schien der Bürgerkrieg in Kolumbien sich zu beruhigen. Leider ist die FARC nicht die einzige Gruppe, die aktiv war. Wie das Attentat sich das auf die in Kuba laufenden Friedensverhandlungen mit der ELN auswirken wird, bleibt abzuwarten.
In den deutschen Medien wurde umfangreich über den Anschlag berichtet. Ein Attentat hat natürlich ein internationales Interesse in Zeiten des internationalen Terrorismus. Diese Meldung passt auch noch perfekt in das Bild Kolumbiens rein. Tote, Verletzte, Anschlag, Gewalt und Guerrilla.
Als ich Donnerstagmorgen von dem Attentat mitbekam, fragte ich mich, ob wohl auch in Deutschland darüber berichtet werden würde. Natürlich!
Was passiert ist, ist schrecklich und zeigt, dass Kolumbien noch einen langen Weg vor sich hat, eh wirklich Frieden einkehrt. Ich bin sehr traurig und denke an die Betroffenen des Attentates. Ein Freund erzählte mir, er kannte einen der gestorbenen, jungen Polizeischüler.
Es ist eine Meldung, die Menschen schockt und in ihrem Denken über Kolumbien bestätigt. Mich macht es traurig, dass über so viele andere wichtige Themen aus diesem vielfältigen Land nicht berichtet wird.
Am Donnerstag sollte eine Demonstrationen der Studierenden stattfinden. Aufgrund des Attentates wurde sie auf den 24. Januar verschoben. Eine von vielen weiteren Demos im Studierendenstreik. Nachdem am 10. Dezember ein Abkommen mit der Regierung ausgehandelt wurde und das Geld für die nächsten vier Jahre den Universitäten bestätigt wurde, haben sich die Studierenden nun zum Ziel gesetzt so lange zu streiken, bis das Universitätsgesetz der 90er Jahre geändert und die ESMAD (Spezialeinheit zur Aufstandsbekämpfung) abgeschafft wird. Aufgrund der gewaltvollen, agressiven Eingriffe der ESMAD wollten die Studierenden am Donnerstag streiken. Eine institutionelle Einrichtung abzuschaffen, ist leider ohne fehlende Unterstützung der gesamten Bevölkerung sehr unrealistisch.
Mich machte es sehr traurig, dass solche Schockernachrichten sofort in den deutschen Medien erscheinen und der Studierendenstreik, der seit drei Monaten mit Enthusiasmus der Studierenden und Unterstützung von Teilen der Bevölkerung geführt wird, nicht erwähnt wird. Um dem entgegenzuwirken, schrieb ich einen Artikel für das Lower Class Magazine und ein Interview für die Junge Welt. Solche Nachrichten schaffen es leider nicht in die „großen“ Medien.
Aufgrund des Bombenanschlages und der anhaltenden Gewalt in Kolumbien schrieben einige Fakultäten der Universidad Nacional de Colombia an die Rektorin der Universität, dass sie so lange keine Klassen fortsetzen werden, bis sie in einem friedvollen Land leben und studieren werden.
Ob das wirklich umgesetzt wird, bezweifle ich. Planmäßig wird morgen das Semester fortgesetzt. Am Dienstag gibt es eine reunión mit der gesamten Universität um zu entscheiden, wie es weitergeht im Streik.
Weisheit des Tages: Es wird noch dauern, bis wirklich bedingungsloser Frieden in Kolumbien herrscht. Bis es so weit ist, werden große Teile Kolumbiens Bevölkerung die Hoffnung nicht aufgeben.