Zurück in der zweiten Heimat!

Hola a todxs!

Dieser Beitrag sollte eigentlich schon im April kommen, aber leider habe ich es früher nicht geschafft. Nun habe ich aber einen Anlass gefunden und mir eine Deadline bis heute gesetzt.
Heute ist es genau zwei Jahre her, dass ich erfahren habe, ich könne nach Kolumbien gehen. Ich erinnere mich noch ganz genau an den Tag, denn mein Bruder hatte Geburtstag und ich habe gerade meinen Koffer gepackt, weil ich am nächsten Tag für eine Woche auf Abifahrt in die Türkei geflogen bin. Meine erste Reaktion damals: weinen. Ich wollte unbedingt ins Ausland, aber niemals nach Kolumbien! Jetzt zwei Jahre später, kann ich es immer noch nicht ganz glauben, wieviel ich in dieser Zeit erlebt habe und wie sehr ich mich verändert habe. Kolumbien ist nun ein Teil von mir. Genauso wie meine Gastfamilie, meine Nachbarn und die anderen tollen Leute, die ich dort kennengelernt habe!

Das hatte sich im März wieder bestätigt. Nach siebeneinhalb Monaten bin ich mit Frieda (endlich) wieder Richtung zweite Heimat geflogen und wir haben drei Wochen in Kolumbien verbracht. Wie das so war nach so langer Zeit wieder dort zu sein und was ich erlebt habe, wollte ich hier berichten (auch wenn es schon wieder drei Monate her ist).

Frieda und ich sind am 14. März los und es hat schon mit einer Menge Stress angefangen! An den Berliner Flughäfen wurde gestreikt und unser Flug wurde gestrichen. Nach langem Hin und Her sind Frieda und ich vollbepackt um 5:30 Uhr vom Hauptbahnhof in Berlin nach Hannover gefahren und von da aus über Amsterdam nach Bogotá. Ursprünglich wollten meine Nachbarn uns vom Flughafen abholen, jedoch hat das nicht geklappt und wir sind dann mit dem Taxi zum Terminal und von da aus haben wir einen Bus nach Tunja genommen. Obwohl wir gegen 18 Uhr in Bogotá ankamen, waren wir erst 23 Uhr in Tunja, weil es auch viel trancón (Stau) gab. Ich wollte zwar so schnell wie möglich nach Tunja, aber die Busfahrt fand ich gar nicht so schlimm. Ich war einfach sooo feliz endlich wieder auf kolumbianischer tierra zu sein. Die Menschen, der Stau, die hupenden Autos, die kleinen Stände mit Snacks, die Gerüche… Ich habe alles in mich aufgenommen und konnte nicht glauben, dass ich endlich wieder da war.
Am Terminal in Tunja wurden wir schon von meinen Nachbarn freudig erwartet. Das Wiedersehen war ein unbeschreiblich schöner Moment. Ich konnte es einfach nicht fassen wieder in Tunja zu sein. Sooo lange hatte ich auf diesen Moment gewartet. Osmany konnte es natürlich nicht lassen noch direkt am Terminal ein Foto zu schießen, egal wie fertig Frieda und ich nach über 13 Stunden Flug waren.

Mit dem Auto sind wir in mein geliebtes barrio Bochica gefahren. In die Straße einzubiegen, in der ich fast ein Jahr gelebt habe, war unbeschreiblich. So viele Erinnerungen sind aufgekommen!
Sobald wir einbogen, kamen auch schon meine Gastfamilie und Adrian und der kleine Fredy aus den Häusern (die nicht mit am Terminal waren). Endlich konnte ich meine Lieben wieder in den Arm schließen!

Meine Mutter war vor der Reise ein bisschen besorgt, dass ich nach Kolumbien gehen würde und enttäuscht wäre, da es nicht mehr so ist wie vorher. Aber das war gar nicht der Fall. Ich habe mich sofort so gefühlt, als wäre ich nie weg gewesen und so ging es auch meinen kolumbianischen Familien.

Die darauf folgende Woche war sehr intensiv! Frieda und ich haben jeden Moment genutzt, um Freunde und Familie wiederzusehen, in unsere Lieblingsecken Tunjas zu gehen und einfach das kolumbianische Leben zu genießen.

Der Jetlag kam mir dabei sehr gelegen. Um 5 Uhr konnte ich in den ersten Tagen nicht mehr schlafen und war dann den ganzen Tag unterwegs.
Am ersten Tag habe ich nach dem Frühstück (also 6:15) den kleinen Fredy zur Schule begleitet, weil seine in der Nähe meines bachillerato ist. An meiner Schule war es für viele Lehrer eine große Überraschung mich wiederzusehen. Nur die profe, mit der ich am Meisten zusammengearbeitet habe, wusste, dass ich kommen würde. So habe ich auch gleich meinen Nachfolger Noah kennengelernt. Mit meiner profe bin ich dann tinto trinken gegangen. Danach war ich noch kurz mit im Unterricht und wir haben über Unterschiede in Deutschland und Kolumbien geredet. Besonders interessant fanden die Schüler*innen, warum ich zurückkommen wollte.

Nach der Schule bin ich zu Frieda nachhause und habe ihre Gastfamilie wiedergesehen. Um 11 Uhr bin ich dann mit Silvia ins Zentrum, wo wir uns später noch mit Frieda getroffen haben. Uns ist aufgefallen, dass wir in einem Jahr nicht ein touristisches Foto am Plaza geschossen haben! Das mussten wir natürlich nachholen.

Das erste Mittagessen war für mich sehr impresionante! Ich habe gestaunt, wieviel ich damals gegessen habe und konnte die Riesenportion nicht komplett essen! In den drei Wochen habe ich mich wirklich bemüht nicht unhöflich zu sein, aber ich habe es fast nie geschafft aufzuessen. Meistens wurde das aber akzeptiert. Nur Frieda ist nicht so gut dabei weggekommen. Als sie über das Wochenende auf dem campo (Land) war, wurde ihr gesagt, dass es sich nicht gehört das Essen nicht aufzuessen. Wofür wird denn sonst gekocht?!

Frieda und ich waren in Paipa in den termales (Schwimmmbad) und haben uns von dem deutschen Uni- und Arbeitsstress erholt. Dabei haben wir gleich wieder gemerkt, wie leicht es ist neue Menschen kennenzulernen.

IMG_6737
termales de Paipa

In meiner Grundschule war ich in der ersten Woche auch und viele Kinder sind kreischend losgerannt, als sie mich gesehen haben. Die Lehrer haben sich gefreut, dass ich nach so kurzer Zeit wieder da bin, aber waren ganz erstaunt, dass ich nur drei Wochen bleiben wüde und nicht wieder anfing dort zu arbeiten.
Ein sehr schöner Moment in der Grundschule war, als ein Mädchen angefangen hat, ein englisches Lied zu singen, was ich der Klasse vor über einem Jahr beigebracht hatte. Ich habe Noah gefragt, ob er es mit den Schülern wiederholt hat, aber das war nicht der Fall. Das hat mir gezeigt, dass meine Arbeit an den Schulen wirklich etwas Kleines bewirkt hat, denn das Mädchen konnte das Lied noch perfekt singen und erinnerte sich dran 🙂

Einen weiteren perfekten Moment hatte ich mich Frieda und einigen kolumbianischen Freunden. An einem Abend saßen wir auf dem Dachbalkon eines Freundes am Rand von Tunja und hatten einen wunderschönen Ausblick über die Stadt. Es war dunkel und wir haben die Lichter der Stadt gesehen und nebenbei typisch aguardiente getrunken und über Gott und die Welt geredet.

Am ersten Wochenende haben wir den Geburtstag von Luca gefeiert (Freiwillige, die dieses Jahr bei meinen Nachbarn wohnt) und so habe ich die neuen Freiwilligen ein bisschen besser kennengelernt, nachdem wir uns schon bei einer reunión der fundación getroffen hatten.
Am nächsten Tag bin ich mit meinen Nachbarn nach Raquira und dann nach Chiquinquira, wo wir die prima von meinem Nachbarn besuchten. Ich habe über sie schon in einem älteren Blogbeitrag geschrieben und wollte sie unbedingt während meiner Reise sehen, weil sie so eine tolle Person ist! In Raquira habe ich einige Souvenirs gekauft (unter anderem auch den heißbegehrten Hocker für meine Eltern 😀 ). In Chiquinquira war dann ziemlich was los, weil an dem Tag tausende motos durch die Stadt gezogen sind. Das war sehr beeindruckend auch wenn das dauerhafte Hupen der Motorräder ziemlich nervig wurde (leider kann ich kein Video einfügen).

In der zweiten Woche haben Frieda und ich uns vorgenommen einen weiteren Teil Kolumbiens kennenzulernen. Ich habe wieder eine völlig neue Erfahrung gemacht, denn wir hatten unsere Flüge von Bogotá nach Neiva und von Popayan wieder zurück nach Bogotá (und somit einen zeitlichen Rahmen), aber zwischendrin hatten wir weder eine Unterkunft vorgebucht, noch sonst etwas geplant 😀
Wir hatten jedoch Glück und es ist in Kolumbien (zumindest dort, wo wir waren) sehr einfach noch spontan ein Hostel zu bekommen.

Damit ich bei meinem Reisebericht nicht zu sehr ausschweife, versuche ich hauptsächlich Bilder sprechen zu lassen und mich kurz zu fassen.

Unsere erste Station war die desierto de la tatacoa, eine Wüstenlandschaft ungefähr eineinhalb Stunden von der größeren Stadt Neiva entfernt. Diese Strecke haben wir in einem waghalsigen, offenen Transporter zurückgelegt und konnten so die sich verändernde Landschaft genießen. Der Transporter fuhr direkt zu einem Hostel, in dem wir ohne groß zu überlegen, geblieben sind.

Noch am gleichen Tag sind wir eigenfüßig in die Wüste gelaufen und haben dort noch zwei Stunden verbracht. Auf unsere Fragen im Hostel, worauf man achten muss (ja, als Europäer hatte ich die Befürchtung vor Verlaufen, Schlangen und sonstigen exotischen Gefahren), wünschten sie uns einfach viel Spaß.
In den zwei Stunden sind mehr als 600 Fotos entstanden und ich habe mich total in die vielfältige Wüstenlandschaft verliebt! (Frieda und ich haben diesen einzigartigen Ort auch für eine ausführliche Foto-Session genutzt 😀 )

Am nächsten Tag sind wir noch in den grauen Teil der Wüste, der allerdings 10 km entfernt war. Wir haben vom Hostel eine kleine Tour mit Transport angeboten bekommen. Unser Guide ist mit moto gefahren und da habe ich die Gelegenheit ergriffen und mich mit hinten raufgesetzt, weil ich schon immer mal Motorrad fahren wollte. Später hat er mich sogar selber fahren lassen. Auf dem moto durch die Wüstenlandschaft düsen ist ein weiterer Punkt, den ich auf meine Bucket-Liste gesetzt habe.
Der graue Teil der Wüste ist meiner Meinung nach nicht so impresionante, wie der rote, aber hier gibt es sehr kuriose Gesteinsformatierungen und -gestalten.

Nach den zwei Wüstentagen, die ich sehr genossen habe, auch wenn wir von Mücken zerstochen waren, ging es mit dem Bus von Neiva weiter nach San Agustín, wo wir uns den archäologischen Park (UNESCO-Weltkulturerbe) mit mehreren Hunderten Stein- und Felsenfiguren ansehen wollten.
Den Park fanden wir letztendlich nicht so spektakulär, aber wie das so manchmal in Kolumbien ist, hatten wir spontan doch noch ein Highlight. In dem Park war eine Spezialtruppe der policía unterwegs und wir haben Fotos mit ihnen gemacht.
ACHTUNG! Das sieht ziemlich bedrohlich aus und während ich das Foto einige Tage als WhatsApp-Profilbild hatte, haben mich mehrere Leute aus Deutschland gefragt, ob alles in Ordnung ist bei mir.

Die Polizisten waren auch ganz begeistert von uns und es wurden mehrere Selfiekombinationen gestartet, weil jeder ein individuelles Foto mit den monas (Blonden) wollte. Die zwei Polizisten, die man auf dem oberen Bild sieht, haben uns abends zum Bier trinken eingeladen und wir hatten einen lustigen Abend.

Weiter ging es nach Popayán, die „Weiße Stadt“ genannt.
Die Busfahrt dorthin (ca. vier Stunden) war eine ziemliche Grenzerfahrung. Ich hatte schon im Reiseführer gelesen, dass die Fahrt gefährlich sein kann, weil die Zone früher von der guerrilla besetzt war und Busse nachts öfter überfallen wurden. Deshalb sind wir extra tagsüber gefahren. Das ändert nichts an dem schrecklichen Weg, den wir zurücklegen mussten! Vier Stunden durchgängig (!) wurden wir auf den Wegen, die man nicht mal als Straße bezeichnen kann, in unseren Bussitzen hin- und hergeworfen. Anfangs fanden wir das ganz witzig, aber als wir feststellten, dass das nicht aufhörte und man nicht einmal einen Schluck Wasser trinken konnte, wollten wir einfach nur noch, dass es vorbei ist. Erschöpft und mit einigen blauen Flecken sind wir in Popayán angekommen und haben die Stadt erkundet.
Von der Größe her ist die Stadt vergleichbar mit Tunja, nur noch schöner:

Frieda und ich haben uns dann das Ziel gesetzt, in jeder neuen Stadt ein Selfie mit Polizisten zu machen 😀

Nach Popayán sind wir weiter nach Bogotá, um da das Wochenende zu verbringen. Highlight war das Feiern gehen mit unseren Mitfreiwilligen Laura und Karla, die zur gleichen Zeit in Kolumbien waren. Wir haben eine witzige Nacht im größten Schwulenclub Lateinamerikas, dem „Theatron“, verbracht 😀 Es war sehr schön die beiden nach so langer Zeit wiederzusehen 🙂

Den Sonntag haben Frieda, Jaime (Friedas Freund, der mit war) und ich mit Shoppen, einem gemeinsamen peruanischem Essen mit Jaimes Bruder und dem Museo Botereo verbracht. In das Museum wollte ich schon damals mit meiner Familie, aber es war leider an dem Tag geschlossen.
Das Museum beherbergt zahlreiche Werke des kolumbianischen Künstlers Fernando Botero, der für seine Werke mit üppigen Figuren bekannt ist, aber auch von vielen anderen Künstlern, wie Salvador Dalí oder Max Ernst. Sehr empfehlenswert!

Nach der ereignisreichen Woche waren wir sehr froh wieder in Tunja zu sein und noch eine Woche Zeit mit unseren Lieben zu haben.
Leider bin ich Sonntagnacht, als wir ankamen sehr krank geworden. Ich war mit meinen Nachbarn später noch beim Arzt und ich hatte mir wohl einen üblen Virus zugezogen und lag fast die gesamte letzte Woche im Bett und habe mich praktisch von Kohletabletten ernährt. Das war sehr schade, denn während Frieda viel mit Freunden unternehmen konnte, lag ich im Bett. Immerhin konnte ich so viel Zeit mit meiner Familie und den Nachbarn verbringen und alle haben sich total lieb um mich gekümmert, was mir mal wieder gezeigt hat, was für besondere Menschen ich in Kolumbien habe!

Der Donnerstag war noch ein besonderer Tag an dem ich ein kleines Projekt in der Grundschule mithilfe von Martin, Natalia, Frieda und Noah durchgeführt habe. Dazu kommt nochmal ein extra Beitrag, weil ich merke wie lang dieser ist und ich dem tollen Projekt extra Platz geben möchte.

Das letzte Wochenende haben wir in Tunja verbracht und als es mir besser ging, haben wir uns noch mit Freunden getroffen und waren nochmal feiern. Meine ganze kolumbianische Familie ist zum Essen gekommen, um mich zu sehen (auch wenn ich leider nichts von dem leckeren Essen essen konnte). Übrigens hatte ich zwei Kilogramm Schokolade mit, die ich an alle möglichen Leute verschenkt habe. Schon merkwürdig, dass Kolumbien, eines der Länder mit dem größten Kakaobohnenexport, nicht so leckere Schokolade produziert, wie Deutschland.
Mein Gastvater hatte sich noch gewünscht traditionelle Fotos mit mir zu machen und so sind die folgenden entstanden, die eine sehr schöne Erinnerung sind.
Meine profe ist extra am vorletzten Tag zu mir ins barrio gefahren, um mich mit ihrer Familie noch einmal zu sehen, was mir sehr viel bedeutet hat.

Ich habe die Zeit sehr genossen und bin so unglaublich glücklich, was für ein besonderer Ort Tunja mit meinen lieben Familien und Freunden für mich geworden ist.
Ein bisschen haben sich die drei Wochen wie eine „Detoxkur“ angefühlt. Die schlechten, „deutschen“ Gedanken sind raus und ich habe wieder das kolumbianische Leben genossen und gesehen, wie leicht es ist eine schöne Zeit zu haben. Leider verging die Zeit viel zu schnell, aber ich habe wirklich jeden Moment genossen.
Kolumbien wird immer ein ganz besonderer Ort für mich sein. Deshalb habe ich beim Abschied wieder wie ein Schlosshund geheult 😀
Jetzt fehlen aber auch nur noch fünf Wochen, bis ich wieder für kurze Zeit dort bin 🙂

Dieser Beitrag ist wirklich sehr lang geworden und trotzdem fehlen so viele Dinge, über die ich berichten wollte! Aber somit habt ihr einen Einblick in meinen schönen Urlaub bekommen.

Weisheit des Tages: Kolumbien mit seinen einzigartigen Landschaften und den lieben Menschen, die ich kennenlernen durfte, schafft es immer wieder mich zu beeindrucken und glücklich fühlen zu lassen!

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