– 76 Tage nach der Ankunft –
Es gibt magische Orte auf dieser Welt! Chile hat mich mit dem Valle del Elqui im Norden Chiles davon überzeugt. Einige Tage verbrachte ich im magischen Tal zwischen Pisco- und Weinfeldern, bunten Dörfern, in denen Kunsthandwerk verkauft wird und unter dem klarsten Sternenhimmel der Welt.
Fünf Tage verreiste ich und erlebte so viel, dass es sich wie zwei Wochen anfühlte. Aufgrund des anhaltenden Universitätsstreiks überlegte ich letzten Mittwoch eine Reise zu unternehmen. Am Donnerstagmittag saß ich schon im Bus in das sieben Stunden entfernte La Serena.
1543 wurde die Stadt von den Spanier*innen gegründet und ist somit die älteste Stadt der Region. Früher war sie eine wichtige Hafenstadt mit Verbindung zu Santiago. Heute ist sie die Hauptstadt der Region Choquimbo und zählt mit der gleichnamigen Nachbarstadt 400.000 Einwohner*innen.
Von hier aus unternahm ich einen Ausflug zu dem zwei Stunden entfernten Fischerdorf Punta Choro. Dort fahren Boote zu den Islas Damas, Heimat einer Kolonie von Humboldt-Pinguinen, Seelöwen, Walen und anderen Tieren. Als ich ankam, war der Wellengang leider zu stark und der Ausflug viel wortwörtlich ins Wasser. Zufällig traf ich auf ein chilenisches Mutter-Tochter-Gespann, mit dem ich das ausgestorbene, verstaubte Fischerdörfchen erkundete. Sobald man sich wirklich Zeit nimmt für seine Umgebung, kann man wirklich viel entdecken. Am pazifischen Strand sahen wir viele Muschelarten, Algen, ausgefressene Krabbenkörper und wilde Hunde. Eine Hündin hatte es mir besonders angetan. Sie wollte „Hol den Stein“ spielen und folgte mir die ganze Zeit.









Nach einigen Stunden fuhren wir zurück nach La Serena. Eine typische Kleinstadt mit zahlreichen Geschäften, einem grünen, weitläufigen Hauptplatz und einigen bunten Graffitis, die mich ansprachen. Ich besuchte noch den Strand von La Serena mit dem Wahrzeichen der Stadt – dem Faro Monument. Besonders schön fand ich den Strand nicht. Hochhäuser und große Hotels grenzten direkt an. Vielleicht war ich auch nicht so begeistert, weil das Wetter nicht mitspielte.

Mit dem Bus fuhr ich am nächsten Tag zwei Stunden weiter ins Valle del Elqui zum hübschen 1000-Seelendorf Pisco Elqui. Auf dem Weg stiegen einige Menschen in anderen Dörfern aus, die nicht weniger Charme besitzen. Noch vor selbstgebranntem Pisco ist die Nobelpreisträgerin für Literatur, Gabriela Mistral, der Stolz der gesamten Region. 1889 wurde sie in Vicuña geboren und wuchs im Elqui-Tal auf. Hier gibt es nichts, das nicht ihren Namen trägt, ob Grundschule, Straßen oder Pisco-Destillerien.
In Pisco Elqui aß ich hausgemachtes Feigeneis auf dem überschaubaren, von Bergen umsäumten Hauptplatz. In zehn Minuten lief ich das Dorf ab und fuhr dann zu meiner Unterkunft. Ein bisschen verplant wie ich manchmal bin, staunte ich, als ich sah, dass das Cosmo Elqui Hostel nicht in Pisco Elqui, sondern praktisch im Nirgendwo zwischen Weinfeldern lag. Nach meiner anfänglichen Skepsis stellte ich schnell fest, es war die ideale Unterkunft für die Nacht!
Mit einer wunderschönen Anlage, netten Hostelleuten, weiteren Hunden und einem Lagerfeuer bei Nacht, genoss ich den klaren Sternenhimmel über mir. Ich konnte mich gar nicht sattsehen an den immer mehr werdenden Sternen. In dieser Nacht versperrte mir nichts den Blick auf das Universum. Aufgrund seines Mikroklimas, der Entfernung zu größeren Städten und folglich einer minimalen Luftverschmutzung, ist das Valle del Elqui einer der Orte mit dem klarsten Himmel der Welt.




Nach einer sternenreichen Nacht fuhr ich am nächsten Tag noch einmal nach Pisco Elqui. Von hier aus werden viele Touren angeboten, ob mit Fahrrad, Pferd oder Astrowanderungen bei Nacht. Ich lieh mir für 3.000 Pesos (ca. 4€) für zwei Stunden ein Fahrrad aus und bereute meine Entscheidung wenig später. Die Straße, die weiter ins Tal führte, war viel zu steil und ich kämpfte mich den Berg hoch. Nach einer Stunde suchte ich Asyl bei einem Weingut und kaufte mir zur Erfrischung einen Papayasaft, typisch für die Region. Unter einem Orangenbaum sitzend, konnte ich das erste Mal die Aussicht genießen. Unter mir tat sich ein breites Tal mit farbigen Wein- und Piscoanlagen auf, umsäumt von grauen Riesen.








Auf der Rückfahrt legte ich die Strecke in nur 15 Minuten zurück. Bergab legte ich so an Geschwindigkeit zu, dass mir die Tränen in die Augen schossen und das Adrenalin ins Blut. Die Aussicht zahlte sich aus!
Mit dem Bus fuhr ich weiter in den kleinen Ort Diaguitas. Aufgrund seiner magischen Kräfte lebt eine große Community der Hare Krishna im Elqui-Tal. Sonntags bieten sie ein kostenloses, veganes Essen an und kommen mit Menschen ins Gespräch. Das Essen war hervorragend und es war interessant zu sehen, wie sie leben und welche Ansichten sie vertreten.


Am Abend erwartete mich das letzte Highlight der Reise. Ich fuhr nach Vicuña, zur größten Stadt im Tal. Nachts wollte ich eine Tour zum Observatorium Mamalluca unternehmen. Im Internet las ich, man solle schon Tage vorher reservieren, da jedoch niemand auf Mails oder Anrufe reagierte, erreichte ich Vicuña leicht angespannt. Im Antawara Hostel wurde ich herzlich empfangen. Eine schöne Anlage mit niedlichem Innenhof und vielen Katzen und Straßenhunden, die tagsüber die Sonne, Streicheleinheiten und Futter genießen. Ich fühlte mich pudelwohl.

Durch Kontakte im Hostel konnte ich doch noch zum Observatorium. Die zweistündige Tour kostet mit Transport 10.000 Pesos (ca. 13€). Ich hatte nicht zu große Erwartungen, da eine Frau, die einen Tag vorher die Tour unternahm, mir erzählte, in den Gruppen aus mindestens 15 Leuten können alle nur wenige Sekunden in das 30-Zentimeter-Teleskop blicken. Ich hatte unglaubliches Glück! Außer einer chilenischen Großfamilie mit quirligen Kindern, nahm auch eine andere Deutsche an der Tour teil. Zu zweit wurde uns ein Guide zugeordnet, der mit uns eine halbe Stunde lang mithilfe des Teleskops das Universum erforschte. Wir konnten all unsere – teilweise leicht beschränkten – Fragen loswerden und lernten unglaublich viel über das Universum.
Wusstet ihr, dass Sterne je nach Temperatur und Alter unterschiedliche Farben haben, die mit bloßem Auge zu erkennen sind? Weiß-blaue Sterne sind am heißesten und rote Sterne am kältesten.
Es war unglaublich die Sterne so nah zu sehen! Obwohl ich in dieser Nacht so viele, wie nie zuvor in meinem Leben sah, waren viele nicht zu sehen. Die Milchstraße konnte ich zwar erahnen, aber sonst scheint sie noch heller. In dieser Nacht war der Halbmond sehr hell und „überleuchtete“ die Sterne. So konnten wir uns jedoch den Mond ganz genau ansehen. Ich sah Details, die ich mir niemals hätte vorstellen können und selbst unser Guide, der seit über 30 Jahren Astrophysiker ist, entdeckte neue Details, die er vorher nie zu Gesicht bekam. Das Foto vom Mond habe ich über ein kleineres Teleskop mit dem Handy aufgenommen!
Abschließend zeigte er uns noch ein Video, das meine Faszination ins Grenzenlose katapultierte. Tausend Gedanken schossen mir durch den Kopf. Mir wurde bewusst, wie klein und unbedeutend die Erde im Vergleich zu den unbekannten Weiten ist (und wie unbedeutend erst meine Sorgen zur längst überfälligen Hausarbeit). Für die meisten Menschen wird unser Planet das Einzige sein, was sie je kennenlernen werden – und wir zerstören ihn gerade 😦
Hier könnt ihr euch das sehr empfehlenswerte Video ansehen. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Ich war so begeistert von diesem wirklich magischen Ort, dass ich im Juli gerne noch einmal hinfahren möchte. In der Zeit sollen zwei Planeten und das Innere der Galaxie zu sehen sein. Für die Sonnenfinsternis am 2. Juli will ich allerdings nicht hinfahren. Davon wurde mir aufgrund des Menschenandrangs und des bevorstehenden Chaos‘ abgeraten. Schon jetzt wird überall um La Serena Werbung für das „Event des Jahres“ gemacht und es gibt T-Shirts zu kaufen, mit Aufschriften „Eclipse 2019“.
Gerade das war das Schöne im Observatorium Mamalluca. In dieser Nacht fühlte es sich so an, als hätten wir den Sternenhimmel für uns alleine.
Weisheit des Tages: Alles ist relativ. Manchmal tut es ganz gut über unseren (begrenzten) Horizont hinauszublicken!
Toller Beitrag und du scheinst neben beeindruckender Natur und Sternenhimmel auch tolle neue Erkenntnisse gewonnen zu haben! Ich bin ja schon ein bisschen neidisch, selbst (erstmal) nicht an diesen Orten zu sein. Und wie cool sieht bitte das Hostel in Pisco Elqui aus? :O
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